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Deutsch als Fremdsprache

Filmtipps

Cappuccino Melange (Österreich 1992)

Von Zeit zu Zeit findet man in den Nischen des Internets kleine, fast schon vergessene Filmschätze: Josef Hader, österreichischer Kabarettist, Schauspieler, Drehbuchautor und Filmregisseur, stellt unter der Adresse https://player.hader.at/hader/hader-cappuccino eine komplette Version dieses Fernsehfilms zur Verfügung, der nach der Erstausstrahlung im Dezember 1992 zahlreiche internationale Preise erhielt, aber in seinem Herkunftsland Österreich weder beim breiten Publikum erfolgreich war noch in der Presse auf Interesse stieß und der bis heute – wie man auf Wikipedia nachlesen kann – „in der öffentlichen Wahrnehmung ein Schattendasein fristet“.

Als Cappuccino Melange entstand, war Österreich noch nicht Mitglied der Europäischen Union (die übrigens bis November 1993 EWG hieß), bezahlt wurde mit Schilling und an der Grenze zu Italien wurde der Reisepass streng kontrolliert. Englisch hatte sich als lingua franca in Europa noch nicht wirklich durchgesetzt (und schon gar nicht in Österreich) und unter den Methoden des Fremdsprachenunterrichts war der Begriff „interkulturelle Didaktik“ nur wenigen Fachleuten bekannt.

Der Film beginnt mit einer Rückblende ins Jahr 1972. In Rettenberg in der östlichen Steiermark trägt Manfred, ein Bauernbub, die frische Milch von Haus zu Haus und gerät dabei in das luxuriös eingerichtete Appartement einer mysteriösen Italienerin (vermutlich ein Urlaubsgast), die einen tiefen Eindruck auf ihn macht. Als sie ihm vor ihrer Abreise eine kleine Kamera mit Fotos von Rom schenkt, dringt der Traum vom römischen dolce vita unauslöschlich in die Gedankenwelt des Jungen ein.

Zwanzig Jahre später fährt Manfred (gespielt von Josef Hader), der nun kurz vor der Heirat steht, mit seinem Traktor nach Wien, um sich von einem betrügerischen Autoverkäufer 80.000 Schilling zurückzuholen, die er auf einer Probefahrt versehentlich im Auto liegen gelassen hat. Auf der Fahrt begegnet er an einer Tankstelle der attraktiven Römerin Gina (virtuos dargestellt von Enrica Maria Modugno), die nach einem heftigen Streit mit ihrem Freund allein zurückgeblieben ist und nach einer Mitfahrgelegenheit sucht. Gina bleibt allerdings nur kurze Zeit auf Manfreds Traktor sitzen, der zermürbend langsam in Richtung Wien tuckert, dann springt sie ab, stoppt einen BMW und braust mit dem sportlich gestylten Fahrer davon.

In Wien treffen Manfred und Gina durch Zufall wieder aufeinander – er auf der Suche nach dem Autoverkäufer und den 80.000 Schilling, sie auf der Suche nach ihrem Reisepass, den sie in Manfreds Traktor vergessen zu haben glaubt. Es beginnt eine Reihe gemeinsamer Irrwege und Irrfahrten quer durch die Großstadt, auf denen sie einander manchmal sehr nahe, aber nie zu nahe kommen: auf Deutsch, auf Italienisch, in gebrochenem Englisch, manchmal wild gestikulierend, dann wieder hilflos resignierend angesichts unüberwindlicher Kommunikationsprobleme.

Wie die Geschichte endet, sei nicht verraten – hier nur so viel: Er kommt wieder zu seinen 80.000 Schilling und sie zu ihrem Reisepass. Die Typen, denen sie auf ihrer gemeinsamen Suche begegnen, vom jugoslawischen Taxifahrer bis zum schmierigen Automechaniker, vom herablassenden Oberkellner bis zum selbstversunkenen Hotelportier, tragen nicht immer zur Klärung der unzähligen Missverständnisse bei.

Sicher, gut verständliches Standarddeutsch ist in Cappuccino Melange nur wenig zu hören. Wer aber über ausreichende Deutsch-, Italienisch- und Englischkenntnisse verfügt und mit dem Verständnis ostösterreichischer Dialekte (vom Steirischen zum Wienerischen) keine allzu großen Probleme hat, wird an diesem Film seine reine Freude finden. Paul Harather, der Drehbuchautor und Regisseur, erzählt „eine kleine verrückte Geschichte mit vielen komischen Situationen und einiger Action, um in feinen Details, mit schöner humorvoller Sensibilität, zwei 'Klischee'-Figuren aufzubrechen, ihre Verkümmerungen und Verbiegungen abzustreifen“, schrieb die Süddeutsche Zeitung in ihrer Rezension von 1993. Im Abstand von fast drei Jahrzehnten hat der Film nichts von seinem eigenartigen Reiz verloren, auch wenn der Nachtzug von Wien nach Rom die Bezeichnung „Remus“ nun nicht mehr trägt und der Wiener Südbahnhof mittlerweile dem größeren und moderneren „Hauptbahnhof“ gewichen ist.

The Third Man (Der dritte Mann): Großbritannien 1949

„Mein Gott, Sie können doch nicht das ganze Haus auf den Kopf stellen“, wendet sich die alternde Vermieterin während der Durchsuchung der Wohnung ihrer Mieterin verzweifelt an den britischen Major. „Mensch, hier ist doch kein Wirtshaus, hier ist das Schlafzimmer einer Dame. Hier sind früher Fürsten ein- und ausgegangen, hier hat sogar ein Metternich verkehrt.“

Wien nach dem Zweiten Weltkrieg, zahlreiche Häuser liegen in Trümmern, der Schwarzmarkt blüht. Die Stadt ist in vier Besatzungszonen geteilt; im Zentrum fahren die Alliierten – Amerikaner, Briten, Sowjets und Franzosen – im Jeep gemeinsam durch die Straßen.

Ein erfolgloser amerikanischer Romanautor versucht hier sein Glück. Er hat eine Einladung von seinem Jugendfreund, Harry Lime, erhalten, der habe einen „Job“ für ihn. Worum genau es sich handelt, ist unserem Autor nicht bewusst. Er kommt gerade zurecht zu Harrys – vermeintlichem – Begräbnis. Harry, so klärt ihn der britische Major auf, habe an der Spitze einer kriminellen Bande gestanden, die die Verfälschung von Arzneimitteln (es handelt sich um Penicillin-Preparate) zu ihrem Hauptgeschäft gemacht habe. Die „verdünnten“ Medikamente würden bei Kindern zu schweren Schäden, oft mit tödlichem Ausgang, führen.

Aber Harry ist nicht tot. Das Begräbnis war eine Farce, tatsächlich beerdigt wurde – wie sich nach der Exhumierung des Leichnams herausstellt – ein Mitglied der Bande. Und bei dem Unfall, der Harry angeblich das Leben kostete, gab es nicht nur zwei Augenzeugen, wie es ursprünglich hieß; da war noch jemand beteiligt: der dritte Mann.

In Wien gibt es wohl kaum einen Film, der so tief im kollektiven Bewusstsein der Stadt verankert ist wie „Der dritte Mann“. Vom Zitherspiel des Wiener Heurigen-Musikers Anton Karas bis zur abschließenden Verfolgungsjagd im unterirdischen Kanalsystem, vom Stadtpalais am Josefsplatz (wo Harry bis zu seinem Verschwinden residierte) zu den ausgebombten Häusern im Stadtzentrum, von der Fahrt in der Gondel des nach dem Krieg neu eröffneten „Riesenrades“ im Wiener Prater bis zu den Begräbnissen auf dem Zentralfriedhof zu Beginn und am Ende des Films, das sind Töne, das sind Bilder, die sich eingeprägt haben. Im Wiener „Burgkino“ wird der Film auch heute noch zwei- bis dreimal pro Woche in Originalfassung gezeigt.

Tipps zu Filmen, deren Originalsprache nicht Deutsch ist, sind im Allgemeinen auf dieser Seite nicht zu finden. „The Third Man“ bildet hier eine Ausnahme. In der englischen Originalfassung wird in diesem Film immer noch mehr Deutsch gesprochen als in manchen textarmen deutschen Filmen. Die Stimmen der „Wiener Typen“, dargestellt von bekannten Schauspielern der damaligen Zeit, kommen unsynchronisiert zu Wort: der (allzu) gesprächige Portier, die misstrauische Portiersgattin, die nostalgisch-ausländerfeindliche Wohnungsvermieterin. Wer ihr – zum Teil dialektal gefärbtes –Deutsch nicht versteht, muss sich an die Untertitel halten.

Die Geschichte mit den Arzneimittelfälschungen ist übrigens nicht ganz frei erfunden. Drehbuchautor Graham Greene schrieb 1950 im Vorwort zu seinem Roman, der dem Film zugrunde liegt: „Kürzlich lud ein Londoner Chirurg zwei Freunde ein, sich mit ihm den „Dritten Mann“ anzusehen, und bemerkte zu seiner Überraschung, dass sie nach dem Film, den er genossen hatte, in nachdenklicher, gedrückter Stimmung waren. Sie erzählten ihm dann, dass sie selbst als Angehörige der britischen Luftwaffe in Wien Penicillin verkauft hatten. Über die möglichen Folgen ihrer Handlungsweise hatten sie sich bis dahin nie Gedanken gemacht.“ 1

1 Graham Greene: Der dritte Mann. Süddeutsche Zeitung | Bibliothek 2004, Seite 9 und 10

Zweibettzimmer (Fernsehfilm: Deutschland 2016)

Fernsehfilme haben den Vorteil, dass man sie eine Zeitlang kostenfrei im Internet abrufen kann – in guter Qualität und mit deutschen Untertiteln in verschiedenen Größen. Der Nachteil ist, dass sie nach einigen Wochen aus dem Internet verschwinden und vielleicht erst nach Jahren dort wieder auftauchen, wenn sich die Rundfunkanstalt – in unserem Fall das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) – dazu entschließt, den Film erneut zu senden.

„Zweibettzimmer“, im April 2017 erstmal ausgestrahlt, ist seit Januar 2021 in der Mediathek von ZDF und 3SAT zu sehen und bleibt dort noch bis zum 24. April. Die Hauptfiguren sind zwei Frauen, die sich durch Zufall im selben Zweibettzimmer eines Rehabilitationszentrums wiederfinden und unterschiedlicher nicht sein könnten: Die eine, Oberärztin in einem Krankenhaus, Mutter zweier sorgsam behüteter Kinder, die sie nach der geplanten Trennung von ihrem Mann allein erziehen will, macht sich durch ihr übertriebenes, arrogant zur Schau gestelltes Pflichtbewusstsein bei ihren Mitmenschen nicht unbedingt beliebt; die andere, Mutter dreier Kinder von drei verschiedenen Vätern, hält sich und ihre Kinderschar mit prekären Jobs über Wasser, kann aber im Notfall (wenn sie etwa eine Zeitlang wegen eines Rückenschadens im „Reha-Zentrum“ verbringen muss) auf die tatkräftige Unterstützung ihrer drei – eigentlich vier – Männer rechnen. Dann ist da noch der Ehemann der Oberärztin, ein Fotograf, dem es an Aufträgen fehlt und dem es – zumindest in den Augen seiner Frau – erheblich an Disziplin und Pflichtbewusstsein mangelt. Dass er sich unklugerweise auf ein Liebesverhältnis mit dem schwedischen Kindermädchen eingelassen hat, wird ihm zum Verhängnis. Der Film beginnt mit einer Szene beim Scheidungsanwalt – aber nach einem bösen Sturz seiner Ex-Frau muss der geschasste Ehemann die Kinderbetreuung übernehmen, solange sich die Frau auf Rehabilitation befindet.

Wie es sich für einen anständigen Fernsehfilm gehört, klingt auch „Zweibettzimmer“ versöhnlich aus.

Rezensenten des Films sind sich durchwegs einig über die hervorragenden Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen (Anja Kling als perfektionistische Powerfrau, Carol Schuler als chaotische Lebenskünstlerin). Unterschiede gibt es in der Gesamtbewertung des Films. „Die im Detail gut getimte, flüssig inszenierte Dramödie von Isabel Kleefeld“, schreibt Rainer Tittelbach auf seiner Homepage (Fernsehfilm Zweibettzimmer), „erfindet die Dramaturgie des Genres nicht neu, weiß aber mit einer im Kern nicht ganz unrealistischen Geschichte und mit etwas gewöhnungsbedürftigen, genregemäß arg überzeichneten, aber psychologisch stimmigen Figuren recht gut zu unterhalten.“ In einer weniger freundlich gehaltenen Rezension in der FAZ (Frankfurter Allgemeinen Zeitung) ist von einer „Art von idyllischem Kasperletheater, bei dem sämtliche Figuren Klischees ihrer selbst sind“ die Rede. Auch der Publikumserfolg dieses Filmes wird hier erklärt: „Sozialromantik unter umgekehrtem Vorzeichen: Reiche Arme bringt arme Reiche wieder in die Spur, das scheint beim Publikum, das sonst ja eher das Auseinanderdriften der Sphären beobachtet – hier die immer Wohlhabenderen mit allen Chancen, dort das abgehängte Prekariat –, auf eine Sehnsucht nach gesamtgesellschaftlicher Rehabilitation zu treffen“.

Nun gehört ja die FAZ nicht gerade zu jenen Zeitungen, deren Blattlinie gegen dieses „Auseinanderdriften der Sphären“ gerichtet wäre, aber die Diagnose, wie sie in dieser Filmrezension zum Ausdruck kommt, hat schon ihr Richtiges: Im heutigen Deutschland – wie übrigens in den meisten Ländern der Welt – bekommen die Wohlhabenden immer mehr Chancen, während die „Prekären“ immer deutlicher abgehängt werden. Das geht nicht nur aus den Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, sondern zeigt sich auch in klischeehaften Fernsehfilmen. Manchmal sind es gerade die Klischees, die Stereotype, die stets vorhersehbaren Verhaltensweisen, die den Blick auf die soziale Realität freigeben.

Und genau bei diesen Klischees könnte die Behandlung des Films im DaF-Unterricht ansetzen: Da ist das uralte Stereotyp von der „deutschen Disziplin und Gründlichkeit“. Trifft es auf die Oberärztin zu? Hat das Reha-Zentrum, wie es im Film dargestellt wird, etwas „typisch Deutsches“ an sich? Oder sind der junge Mann, der auch während des Essens nicht auf Computerspiele verzichtet, der Meditationslehrer, der am Morgen jeden Baum im Park einzeln zur Begrüßung umarmt, die herzleidende Hüftkranke, die sich nach Harmonie sehnt, im Grunde Figuren, die man zu jeder Zeit und an jedem Ort antreffen könnte?

Dem Film liegt ein Roman zugrunde, der den Titel „Ziemlich beste Freundinnen“ trägt und von derselben Autorin stammt wie das Drehbuch des Films: Astrid Ruppert (mehr dazu auf der Website der Autorin).

Links zum Film (gültig bis 24. April 2021):

Gegen geringe Gebühr ist der Film auch über den angegebenen Zeitraum hinaus bei diversen Streaming-Anbietern zu sehen. Mehr dazu unter

Sommer vorm Balkon (Deutschland 2005)

Bewerbungsgespräche gehören zu den Situationen, die sich im fortgeschrittenen DaF-Unterricht leicht simulieren lassen. Auf mehr oder weniger standardisierte Fragen folgen Antworten, die zwar einen gewissen Spielraum für Interpretationen bieten, die sich aber – da die Fragen bekannt und vorhersehbar sind – relativ leicht vorbereiten und üben lassen.

Gibt man „Bewerbungsgespräch“ oder „Vorstellungsgespräch“ auf Youtube ein, erhält man ein Fülle von Beispielen, zwischen denen man nur zu wählen braucht: Vorstellungsgespräche in voller Länge, die zehn häufigsten Fragen, die „perfekten“ Antworten, Expertentipps für das Bewerbungsgespräch, Bewerbungsgespräche „richtig“, die fünf Fragen, die man am Ende stellen sollte, fünf Schwächen und wie man sie als Stärken präsentiert, Tipps für Schüler auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, Ratschläge für künftige Manager.

Auch der Film „Sommer vorm Balkon“ beginnt mit einem Bewerbungsgespräch. Eine jüngere, aber nicht mehr ganz junge Bewerberin betritt sichtlich nervös den Raum, nimmt die Tasse Kaffee, die ihr angeboten wird, dankbar in Empfang, während sie das Gläschen Kognak freundlich ablehnt. Vom Personalchef erfahren wir, dass sie sich als Schaufensterwerbegestalterin bewerben möchte. „Ja, das habe ich gelernt, ich war lange bei Karstadt“, erklärt sie, aber als der Personaler sie fragt „Wie würden Sie heute an Ihre Aufgabe herangehen?“, kommt sie in Verlegenheit, antwortet etwas ungeschickt mit „Na – ich bin teamfähig“, fügt hinzu, sie habe sich mit ihren Kolleginnen immer gut verstanden, und muss sich nun vom Personalchef einen kleinen Sermon übe die Bedeutung des Wortes „teamfähig“ anhören: „Teamfähig heißt doch nicht, dass alle nett zueinander sind. Ich weiß, das denken viele, aber es heißt: konfliktfähig sein, gemeinsame Lösungen finden“. „Ja, das kann ich auch – Entschuldigung, glaube ich“, meint sie verunsichert, nippt an ihrer Kaffeeschale, und die Zuschauer haben bereits jetzt den Eindruck, dass an dem Bewerbungsgespräch irgendetwas schiefgelaufen ist.

Kameraschwenk: Wir befinden uns in einem Unterrichtssaal, der Seminarleiter unterbricht nun das – simulierte – Bewerbungsgespräch, fordert die Seminarteilnehmer auf, das Verhalten der Gesprächspartner zu kommentieren. „Die Körpersprache fand ich nicht so ganz korrekt“, meint ein Seminarteilnehmer in der ersten Reihe. „Sehr nervös, sie sitzt auch sehr weit vorne an der Kante, als ob sie jeden Moment runterrutschen und irgendwohin verschwinden wollte“. „Also, sie war sehr unsicher“, erklärt eine Teilnehmerin mit Kopftuch, „weil in der Bewerbung geht es ja schließlich darum, dass man sich präsentiert, verkauft …“ und „gerade mit der Teamfähigkeit ist sie auf die Nase gefallen“, konstatiert gnadenlos ein Herr im mittleren Alter.

Kurse, die Arbeitssuchende auf Bewerbungsgespräche vorbereiten, gehören in deutschsprachigen Ländern zum Alltag. Sie werden von staatlichen Stellen angeboten (in Deutschland von der Bundesagentur für Arbeit), von Volkshochschulen, aber auch von privaten Kursanbietern – in Covid-Zeiten auch online.

Und genau um diesen Alltag geht es in „Sommer vorm Balkon“. Es geht um das Alltagsleben zweier Freundinnen, die eine arbeitet als mobile Altenpflegerin, die andere ist als alleinstehende Mutter im Alter von „neununddreißigeinhalb“ (noch nicht vierzig, wie sie im Bewerbungsgespräch hervorhebt) ständig auf Arbeitssuche. Es geht um die kurze Lovestory der einen Freundin („Die Richtigen sind meist die Falschen“, heißt es im Film in Bezug auf Männer) und um die Alkoholprobleme der anderen, es geht um den ersten Liebeskummer des heranwachsenden Sohnes, um die Einsamkeit der pflegebedürftigen Alten und um die Geldprobleme der Jüngeren.

Der Film spielt in Berlin – genauer gesagt im Bezirk Pankow im Nordosten der Stadt – im Jahr 2004, fünfzehn Jahre nach dem Fall der Mauer, aber noch vor der „Großen Rezession“, die in den Jahren 2008/09 auch die deutsche Wirtschaft heimsuchte. Als deutscher Film erhielt er 2006 den „Preis der deutschen Filmkritik“ für das beste Drehbuch. Und das Lexikon des internationalen Films vermerkt (wie man auf Wikipedia nachlesen kann): „Unaufdringlich vermittelt die rundum stimmige melancholische Komödie über Liebe, Freundschaft, Solidarität, Arbeitslosigkeit und Einsamkeit die angeschnittenen Themen und beweist trotz der nachdenklichen Grundstimmung ein subtiles Gespür für das Komische im Alltag. Überzeugende Darsteller, der fast dokumentarische Anstrich und die kluge Musikauswahl machen den Film zum Erlebnis.“

Übrigens verläuft das Bewerbungsgespräch, das die arbeitslose Mutter im Film schließlich führt, trotz perfekter Vorbereitung im Seminar nicht so, wie sie es erhofft hatte. Denn als der Inhaber eines Modegeschäfts sie fragt „Frau Engel, Sie können sich auch vorstellen, mal gleich mehrere Tage außerhalb Berlins tätig zu sein?“, antwortet sie nicht ganz überzeugend mit „Im Prinzip ja!“. Nach dieser Antwort verliert der potentielle Arbeitgeber sichtlich sein Interesse an ihr und meint am Ende nur lakonisch: „Na ja, ich könnte Ihnen gleich zusagen, aber Sie sehen, ich habe da ‘nen ganzen Stapel an Bewerbungen, die möchte ich schon gerne noch abarbeiten“.

Schachnovelle (Deutschland 1960)

Nach dem beachtlichen Erfolg der Mini-Serie The Queen’s Gambit (deutscher Titel: Das Damengambit), die auch in Schachkreisen auf großes Interesse stieß, sei hier auf einen Filmklassiker aus dem Jahr 1960 hingewiesen, der ebenfalls das königliche Spiel zum Thema hat: Schachnovelle – basierend auf der gleichnamigen Erzählung von Stefan Zweig. Regie führte der in Berlin geborene, 1938 in die USA emigrierte Gerd Oswald, Hauptdarsteller war der deutsch-österreichische Theater- und Filmschauspieler Curd Jürgens.

Dass der Stoff auch heute noch seine Faszination ausübt, zeigt eine Neuverfilmung von Stefan Zweigs Novelle, die im September 2021 in die Kinos kommen soll (Regie: Philipp Stölzl, Hauptdarsteller: Oliver Masucci).

Um es gleich vorwegzunehmen: Im Vergleich zu The Queen’s Gambit hat der Film von 1960 schachspielerisch nur wenig zu bieten. Es wird zwar – wie schon in der Novelle von Stefan Zweig – eine konkrete Position aus einer Meisterpartie beschrieben: Aljechin gegen Bogoljubow, gespielt 1922 im slowakischen Piešťany / Bad Pistyan (nicht zu verwechseln mit der Jahrhundert-Partie, die im selben Jahr zwischen denselben Kontrahenten in Hastings stattfand). Mehr Möglichkeiten zum Tüfteln bekommen Schachfreunde in diesem Film jedoch nicht. Und wenn die Hauptfigur, der 1938 vor den Nazis flüchtende Wiener Anwalt und Vermögensverwalter Werner von Basil (der Name ist nicht ganz korrekt, denn Adelsprädikate sind in Österreich seit 1919 verboten – in Zweigs Novelle wird dieser Mann schlicht Dr. B. genannt), gegen Ende des Films seinem Gegner am Schachbrett, dem Weltmeister Czentovic, ein grimmiges „Matt“ entgegenschleudert (bei Zweig heißt es in einer ähnlichen Situation „So! Erledigt!“) und ein Teil der Zuschauer dieses Matt zu sehen glaubt, ein anderer jedoch nicht (darunter der Schachweltmeister), dann wird damit zwar filmisch ein starker Akzent gesetzt, aber schachtechnisch wirkt die Situation ganz und gar surreal.

Überhaupt entfernt sich die Filmhandlung oft weit von Zweigs Erzählung. Im Film kommen neue Figuren hinzu wie die Balletttänzerin Irene Andreny, die den Protagonisten aus den Folterkellern der Nazis herausholen kann und schließlich in die Freiheit begleitet. Der Weltmeister Czentovic wird auch im Film als abweisend, unsensibel und präpotent dargestellt, aber der Filmregisseur hält sich nicht damit auf, seine Biographie zu schildern, wie Stefan Zweig das auf vielen Seiten tut. Für Zweig sollte der „einundzwanzigjährige Bauernbursche aus dem Banat“, dessen „schwerfällig arbeitendem Gehirn“ in seiner Schulzeit „auch für die simpelsten Unterrichtsgegenstände jede festhaltende Kraft fehlte“, eine Art Inbegriff roboterhafter Ignoranz darstellen, der der kultivierte Weltbürger Dr. B. – zerrüttet durch die raffinierten Foltermethoden der Nazis – am Ende nicht gewachsen ist. Die Filmhandlung beschränkt sich fast vollends auf die Schilderung der Geschichte des Herrn von Basil: seine Stellung in der „gehobenen“ Wiener Gesellschaft zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ Österreichs an Hitler-Deutschland (also dem 13. Mai 1938); seine strikte Weigerung, Auskünfte über die Vermögenswerte zu geben, die er noch vor dem Anschluss für die Kirche ins Ausland transferiert hat (bei Zweig waren es Güter der Kirche und des Hochadels); seine Isolationshaft in einem kleinen Zimmer im Hotel Metropol (dem damaligen Sitz der Gestapo, der „Geheimen Staatspolizei“ des Nazi-Regimes); seine für die Nazis überraschende Widerstandskraft dank eines Buches, 150 Schach-Meisterpartien, das er heimlich an sich genommenes hat; seine Wahnsinnsanfälle, als er nach dem Verlust des Buches – ohne Schachbrett und Schachfiguren – nur noch im Kopf gegen sich selbst spielt; und schließlich sein Eintreffen auf dem Schiff, das ihn gemeinsam mit vielen anderen Flüchtenden außer Landes bringen wird.

Für den DaF-Unterricht ist der Film ab einem gewissen Niveau ganz sicher geeignet, vielleicht in Form von Szenenausschnitten, vielleicht auch als Ergänzung zur Lektüre von Stefan Zweigs Novelle. Da sich die Filmhandlung vor einem konkreten historischen Hintergrund entwickelt, nämlich dem gewaltsamen Anschluss des von 1934 bis 1938 klerikal-faschistisch regierten Österreichs an das „Dritte Reich“, eignet sich der Film auch sehr gut zur Behandlung historisch-landeskundlicher Inhalte.

Gesprochen wird durchwegs Standarddeutsch, nur der schottische Ölmillionär, der den Weltmeister als erster gegen Bezahlung zu einer Schachpartie herausfordert, spricht Deutsch mit starkem britischem Akzent.

 

Impressum  Letzte Änderung:  Do., 16. März 2023

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